Christliches Gedenken an Novemberpogrome

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Veranstaltungsreigen beginnt am 26. Oktober mit Exkursion nach Brünn, am 3. November Abend über "Antisemitismus im Netz", am 9. November Ökumenischer Gedenkgottesdienst in Ruprechtskirche

Zum Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Novemberpogrome des Jahres 1938 gegen die jüdische Bevölkerung in Wien veranstalten auch heuer wieder mehrere christliche und jüdische Organisationen gemeinsam die "Bedenktage"-Reihe "Mechaye Hametim - Der die Toten auferweckt". In Erinnerung an die Ereignisse am 8./9. November vor 78 Jahren finden von 26. Oktober bis 16. November zahlreiche Veranstaltungen statt. Im Zentrum steht ein ökumenischer Gottesdienst in der Wiener Ruprechtskirche am 9. November. "Worte des Gedenkens" spricht dabei der evangelische Superintendent von Salzburg und Tirol, Olivier Dantine, anschließend ist ein Schweigegang zum Mahnmal für die jüdischen Opfer der Schoa auf dem Judenplatz vorgesehen.

In der Nacht vom 9. auf 10. November 1938 wurden im gesamten deutschen Machtbereich Synagogen in Brand gesteckt, jüdische Geschäfte sowie Wohnungen zerstört und verwüstet. Zahlreiche Juden wurden bei den Pogromen getötet oder verletzt. Allein in Wien wurden im Zuge des Furors insgesamt 42 Synagogen und Bethäuser zerstört. 6.547 Wiener Juden kamen in Haft, knapp unter 4.000 davon wurden in das Konzentrationslager Dachau verschleppt.

EXKURSION INS WEINVIERTEL UND NACH MÄHREN

Bereits am Mittwoch, 26. Oktober, führt eine Exkursion auf die Spuren des Judentums im Weinviertel und Mähren: Geplant sind Besuche des jüdischen Friedhofs in Mistelbach sowie von Synagogen und Friedhöfen in Breclav und Brünn. (Infos und Anmeldung bis 24. Oktober beim Katholischen Akademikerverband Wien, Tel.: 01/51.552-5100, www.kav-wien.at)

Brisanz verspricht der Abend am 3. November: Ab 19 Uhr ist im Otto Mauer-Zentrum (Währinger Straße 2-4, 1090 Wien) ein Vortrag des Rechtsextremismusforschers Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes über "Antisemitismus im Netz" geplant. Insbesondere neonazistisch und islamistisch motivierte Vorurteile und Hassparolen seien im Internet ein Problem, heißt es in der Ankündigung.

"'Ich war doch nicht dabei!' Welche Verantwortung tragen wir heute?": Unter diesem Titel wird am 8. November ab 15.30 Uhr im Christlich-jüdischen Informationszentrum (Tandelmarktgasse 5, 1020 Wien, Gassenlokal) von Andreas Peham und der Buchautorin Ruth Steiner ein oft gehörter Einwand gegen Erinnerungskultur analysiert.

"WARUM LÄSST GOTT SO VIEL LEID ZU?"

Am selben Tag widmet sich der Wiener Dogmatikprofessor Jan Heiner Tück um 19 Uhr im Otto Mauer-Zentrum einem theologischen "Dauerproblem" vor dem Hintergrund der Schoa: "Warum lässt Gott so ein unbeschreibliches Leid zu?" Tück greift Fragen auf, denen sich die christliche Theologie nach Auschwitz zu stellen habe: "In welchem Verhältnis steht die Passion des Gekreuzigten zum Leiden der jüdischen Opfer? Wie steht es um die Täter? Lässt sich nach der Schoa die Hoffnung auf Versöhnung aufrechterhalten?)

Spiritueller Höhepunkt der Bedenktage ist der Ökumenische Gottesdienst am Samstag, 9. November, um 19 Uhr unter dem Titel "Mechaye Hametim - Der die Toten auferweckt". Im geht um 17 Uhr ein Gottesdienst der Gemeinde St. Ruprecht zum Bibelwort "Wenn du den Herrn, deinen Gott, fürchtest ..." voraus.

Weitere Veranstaltungen nach dem Jahrestag der Pogrome: Am 10. November, lädt Sarah Egger vom Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Verständigung zu einem Stadtspaziergang von 14.30 bis 17.30 Uhr: Gezeigt wird dabei "Jüdisches Leben abseits von Friedhof und Synagoge".

"KANN DIE SCHOA HEUTE GEZEIGT WERDEN?"

Am 14. November präsentiert "Furche"-Religionsjournalist und Filmexperte Otto Friedrich um 18 Uhr im Otto Mauer-Zentrum den ausgezeichneten Spielfilm "Son of Saul" (2015) des ungarischen Regisseurs Laszlo Nemeth und beleuchtet anschließend die Frage: "Kann die Schoa heute gezeigt werden?"

Am 16. November schließlich geht es um 18.30 Uhr im Wiener Curhaus am Stephansplatz 3 um "das geistliche Testament von P. Christian de Chergé" - jenes aus dem preisgekrönten Film "Von Menschen und Göttern" (2010) bekannten französischen Trappisten und Prior des Klosters in Tibhirine (Algerien), der zusammen mit sechs Mitbrüdern 1996 ermordet wurde. Seine hinterlassenen Schriften zählen mittlerweile zu den Klassikern der zeitgenössischen spirituellen Literatur, vorstellen wird sie Christoph Benke von der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Pölten.

Gemeinsam getragen wird die Veranstaltungsreihe von der Gemeinde St. Ruprecht, der Evangelischen Akademie und der Evangelischen Hochschulgemeinde Wien, der Wochenzeitung "Die Furche", dem Jüdischen Institut für Erwachsenenbildung, dem Forum Zeit und Glaube des Wiener Katholischen Akademikerverbandes, der Katholischen Aktion Österreich, dem Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit, den Theologischen Kurse und dem Kardinal König-Haus.

(Infos zu allen Veranstaltungen:
www.ruprechtskirche.at; www.christenundjuden.org)