Trauer um armenischen Alterzbischof Mesrob Krikorian

Mesrob_Krikorian-20141105_0813Der seit 1959 in Wien wirkende armenisch-apostolische Theologe war einer der großen Vorkämpfer und Wegbereiter der Ökumene
Mit der armenisch-apostolischen Kirche trauern alle christlichen Kirchen in Österreich um den emeritierten armenischen Erzbischof Mesrob Krikorian, der am Samstag im 85. Lebensjahr gestorben ist. Krikorian war einer der Vorkämpfer der Ökumene in Österreich. Besonders verbunden war er auch mit der Stiftung "Pro Oriente", wie diese mitteilte. Seit 1959 wirkte Krikorian als Seelsorger in Österreich. In der offiziellen Mitteilung aus Etschmiadzin wird der Tod von Erzbischof Krikorian als "großer Verlust für die armenisch-apostolische Kirche" bezeichnet. Katholikos-Patriarch Karekin II., der Oberste Geistliche Rat der armenischen Kirche und der ganze Klerus seien in tiefer Trauer wegen des Heimgangs von Erzbischof Krikorian.
Krikorian wurde als Kind einer Familie von Überlebenden des Völkermords an den Armeniern 1932 im damals französisch verwalteten Aleppo geboren. Nach dem Schulbesuch in Aleppo trat er 1947 in das armenisch-apostolische Seminar im libanesischen Antelias ein. 1953 wurde er zum zölibatären Priester geweiht. In den nächsten Jahren lehrte er Religion, armenische Geschichte, Altarmenisch und armenische Bibliographie an verschiedenen armenischen Bildungsanstalten im Nahen Osten. 1956 erwarb er sein erstes Doktorat. Besondere Aufmerksamkeit erweckten seine sechs Lehrbücher für den Religionsunterricht.
 
1959 konnte er mit einem Stipendium der Gulbenkian-Stiftung sein Orientalistik-Studium an der Universität im englischen Durham beginnen. Im selben Jahr kam er erstmals nach Wien, wo er dann bereits während seines Studiums die armenische Gemeinde betreute. Seine Studien an der University of Durham mündeten in seine große wissenschaftliche Arbeit über "Die Beteiligung der Armenier am osmanischen öffentlichen Leben in Ostanatolien und Syrien von 1860 bis 1908".
 
1962 übernahm Krikorian offiziell als Vardapet die Seelsorge der Wiener armenisch-apostolischen Gemeinde. 1964 wurde die Stiftung "Pro Oriente" von Kardinal Franz König begründet, Mesrob Krikorian war von der ersten Stunde an dabei. Seine Mitarbeit trug wesentlich zum Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zwischen "Pro Oriente" und führenden Bischöfen und Theologen der orientalisch-orthodoxen Kirchen bei. "Pro Oriente" ernannte den armenischen Theologen zum Ehrenmitglied. 1972 bis 1974 wirkte er als einer der führenden Ökumeniker Österreichs auch als Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ). Von 1964 bis 1974 wirkte Krikorian auch als offizieller Vertreter seiner Kirche beim Weltkirchenrat in Genf, zugleich war er auch Seelsorger der armenischen Gemeinde in Athen.
 
Zugleich mit seiner ökumenischen Tätigkeit setzte sich Mesrob Krikorian für den Ausbau der armenischen Seelsorge in Wien ein. 1964 wurden das Haus und Grundstück in der Kolonitzgasse 11 im 3. Bezirk gekauft und hier der Grundstein zur Errichtung eines eigenen Kirchengebäudes gelegt. Die 1967 fertiggestellte Kirche St. Hripsime weihte Katholikos-Patriarch Vazken I. am 21. April 1968 ein. 1972 wurde die armenisch-apostolische Kirche in Österreich offiziell anerkannt, was später auch den Weg für die Verabschiedung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der orientalisch-orthodoxen Kirchen bahnen sollte.
 
1980 wurde durch die armenische Mutterkirche eine neue Eparchie für Mitteleuropa und Skandinavien in Wien errichtet, die damals auch Deutschland mit einschloss. Mesrob Krikorian - später zum Bischof (1986) und dann zum Erzbischof ernannt - leitete diese Eparchie bis 2011. Durch eine Umstrukturierung 1990 wurde Deutschland aus dieser Eparchie herausgelöst, dafür wurden Tschechien, die Slowakei und Ungarn der Wiener Eparchie zugewiesen. Ein Höhepunkt in der Amtszeit von Erzbischof Krikorian war der Besuch von Katholikos-Patriarch Karekin II. im Jahr 2002, bei dem ein Denkmal zum 1.700-Jahr-Gedenken der Christianisierung Armeniens in Wien eingeweiht wurde, der Standort im 3. Bezirk in unmittelbarer Nähe der Kirche St. Hripsime wurde offiziell in "Armenierplatz" umbenannt.
 
Die Verdienste Krikorians wurden vielfach gewürdigt, u.a. durch die Herausgabe einer "Pro Oriente"-Festschrift zu seinem 60. Geburtstag und die Verleihung der "Nerses Shnorhali"-Medaille durch Katholikos-Patriarch Karekin II. zu seinem 70. Geburtstag. Zu seinem 70. Geburtstag veranstalteten auch die armenische Akademie der Wissenschaften und der "Matenadaran" eine Konferenz zur Würdigung der wissenschaftlichen Arbeit des Erzbischofs.
 
Ab 1981 lehrte Krikorian an der Wiener Universität, u.a. über "Die politische Geschichte der armenischen Nation". Er veröffentlichte zahlreiche Studien zu ökumenischen Fragen und zur Geschichte der armenischen Kirche. Große Wirkung hatte sein 1999 veröffentlichtes Buch über "Franz Werfel und Komitas", in dem er den großen österreichischen Schriftsteller und den indirekt zum Opfer der Völkermords gewordenen armenischen Priester-Komponisten auf dem Hintergrund unveröffentlichter Dokumente über die dramatischen Ereignisse im Osmanischen Reich ab 1915 darstellte.
 
7.000 ARMENISCHE CHRISTEN
 
In Österreich leben bis zu 7.000 armenische Christen, davon ca. 3.000 in Wien. Kleine armenische Gemeinden gibt es neben Wien auch noch in Linz, Graz, Bregenz, Klagenfurt und Salzburg. Insgesamt vier Geistliche kümmern sich um die Seelsorge.
 
Geleitetet wird die Armenisch-Apostolische Kirche in Österreich inzwischen von P. Tiran Petrosyan. Er ist Patriarchaldelegat für Mitteleuropa und damit neben Österreich u.a. auch für Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Skandinavien zuständig.
 
Die Anfänge der Armenier in Österreich gehen auf das 17. Jahrhundert zurück. Anfangs waren es vor allem Kaufleuten im Dienst des Hauses Habsburg. Die Zahl der Armenier in blieb vorerst aber gering. Noch um 1900 scheiterten Versuche, eine eigene Kirchengemeinde zu etablieren bzw. eine eigene Kirche zu bauen. Um 1960 betrug die Zahl der Armenier in Wien rund 350. Ihre Zahl wuchs dann aber rasch.
 
Webtipp: www.armenia.at
 

Quelle: Kathpress